Gendern: Tipps für mehr sprachliche Gerechtigkeit

Wollen Sie gendern, müssen Sie es? In diesem Beitrag bekommen Sie unsere besten Gendern-Tipps für mehr sprachliche Gerechtigkeit. Denn darum geht es beim Gendern – alle Menschen gleichermaßen sichtbar machen. Die gute Nachricht: Gendern ist viel leichter und nervt viel weniger, als manche denken.

Sprachtipp 1: konkretisieren

Wenn Ihr Zahnarzt eine Zahnärztin ist, dann benennen Sie sie auch so. Wir wissen, das klingt banal, macht aber einen Unterschied. Lassen Sie sich kurz auf ein Gedankenspiel ein: Ganz spontan, wen haben Sie vor Ihrem inneren Auge, wenn Sie Apotheker hören?

Wir sehen einen Mann im weißen Kittel vor uns, vielleicht mit Brille oder Bart. Sprache schafft Wirklichkeit. Wen sehen Sie vor sich, wenn Sie Apothekerin lesen?

Sprachtipp 2: ausschreiben

„Schüler dürfen die Schule während der Schulzeit nicht verlassen.“ – Was ist mit den Schülerinnen? Dürfen die zum Bäcker gegenüber? Natürlich nicht. Schilder dieser Art stammen aus den Hochzeiten als Frauen „mitgemeint wurden“. Vermutlich haben Sie bereits am Beispiel des Apothekers festgestellt, dass dieses Konzept nicht funktioniert. Frauen sind oft mitgemeint und werden oft nicht mitgedacht.

Zurück zu den Schülern, hier könnte man die ausgeschriebene Paarform nutzen: Schüler und Schülerinnen. Allerdings könnte das für das Schild zu lang sein. Wahlweise können Sie die Sparschreibung mit Binde- und Ergänzungsstrich nutzen: Schüler/-innen.

Hinweise: Die Sparschreibung ist grammatisch nur dann korrekt, wenn der Wortstamm identisch ist. Aus Schüler und Schülerinnen können Schüler/-innen werden. Dies funktioniert jedoch nicht bei dem gebeugten Wort Schülern. Die Sparschreibung funktioniert auch nicht bei Umlauten. Sie können beispielsweise Arzt und Ärztin nicht zu Ärzt/-innen zusammenfassen.

Mehr zu Paarformen

Folgende Varianten sind bei den Paarformen möglich:

  1. Ausgeschrieben: Schüler und Schülerinnen, Schüler/Schülerinnen
  2. Mit Schräg- und Ergänzungsstrich: Schüler/-innen
  3. Mit dem Asterisk, dem Stern: Schüler*innen

Mit der dritten Variante sind Sie rechtschreiblich nicht ganz im grünen Bereich, die Schreibweise mit dem Sternchen steht (noch) nicht im Duden. Allerdings wird der Stern bereits in vielen Bereichen eingesetzt und von vielen Institutionen und Privatpersonen gebraucht.

Ergänzende Gendern-Tipps:

  1. Die Schreibweise mit Binnen-I und Klammern gilt als nicht mehr zeitgemäß: SchülerInnen und Schüler(innen).
  2. Wechseln Sie bei der ausgeschriebenen Variante ab: Beginnen Sie einmal mit Schüler, das nächste Mal mit Schülerinnen.

Mehr zum Genderstern

Der Stern ist das Zeichen, das derzeit am meisten verwendet wird. Dies hängt auch mit der Empfehlung des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes e. V. zusammen. Zusätzlich bezieht der Stern andere Geschlechter mit ein: männlich, weiblich, divers. Die Schreibweise mit Schräg- und Ergänzungsstrich hingegen bildet nur das binäre System ab: weiblich und männlich.

Zudem wird der Genderstern auch bei Wörtern mit einem Umlaut verwendet: Ärzt*innen. Dies scheint sich durchzusetzen, schon allein weil es praktisch ist. Der Genderstern funktioniert sehr gut im Plural: Schüler*innen. Etwas unübersichtlich wird er im Singular: der*die Schüler*in.

Sprachtipp 3: neutralisieren

Viele Wörter werden in der männlichen Form benutzt: Besucher, Feuerwehrmann, jeder, keiner … Oft findet sich hier eine neutrale Variante: Publikum, Feuerwehrleute, alle, niemand.

Achtung: Ein Text kann durch allzu viele sachliche Formen an Lebendigkeit verlieren. Gehen Sie deshalb mit diesem Handwerkszeug sparsam um.

Sprachtipp 4: direkt ansprechen

Lassen Sie uns noch einmal auf ein imaginäres Schild in einem Museum schauen: „Besucher müssen ihr Gepäck einschließen“. Natürlich sind auch hier nicht nur die männlichen Besucher gemeint, sondern alle sollen ihren Rucksack abgeben.

In einem solchen Fall schlagen wir die direkte Ansprache vor: „Bitte schließen Sie Ihr Gepäck ein“. Dieser Satz ist kürzer, schöner und spricht alle Menschen an.

Sprachtipp 5: vom Verb ableiten

Bei zusammengesetzten Wörtern mit oft männlich Handelnden funktioniert dieser Tipp sehr gut. Nutzen Sie das Verb darin und werden Sie so sprachlich gerechter, machen Sie etwa aus dem Rednerpult ein Redepult.

Auch bei anderen Zusammensetzungen funktioniert das gut (auch wenn unsere Beispiele Substantive sind): Aus der Schuldnerberatung wird die Schuldenberatung; aus dem Wählerverzeichnis das Wahlverzeichnis.

Sprachtipp 6: Adjektive nutzen

Hier formulieren Sie nicht aus Sicht des meist männlich Handelnden, sondern nutzen Adjektive. Aus dem Rat des Pädagogen wird der pädagogische Rat, aus einem Kritiker wird eine kritische Stimme.

Dieser Tipp erfordert etwas Kreativität, doch oft findet sich damit eine gute Lösung. Das Ersetzen von Substantiven macht einen Text zudem lebendiger.

Sprachtipp 7: substantiviertes Partizip

Ein Partizip, auch Mittelwort, wird aus einem Verb gebildet und wie ein Adjektiv verwendet. Uns interessiert hier das Partizip Präsens, bei dem ein d an den Infinitiv gehängt wird: laufend, kochend, studierend.

Die Studierenden sind inzwischen in unserem Sprachgebrauch angekommen, der/die Vorsitzende schon längst. Das gilt auch für die Auszubildenden. Denn die Kritik an dieser Form lautet, dass sie grammatisch nicht korrekt sei. Aber: Sprache ändert sich – zum Glück!

Sprachtipp 8: Relativsätze nutzen

Relativsätze sind nicht die eleganteste Lösung, auch wenn sie die männlich Handelnden neutralisieren. Nutzen Sie dieses sprachliche Mittel deshalb dosiert.

Alle Teilnehmer werden sprachlich gerecht umformuliert in: Alle, die teilnehmen, …

Sprachtipp 9: sprachlich sensibel

Was haben die Krankenschwester und der Arzt mit dem „Zigeunerschnitzel“ und dem Bürgersteig gemeinsam? Alle Begriffe sind auf verschiedenen Ebenen sprachlich nicht sensibel oder verletzend.

Bei der Krankenschwester und dem Arzt bleiben wir in alten Rollenmustern haften. Längst arbeiten viele Frauen als Ärztinnen. Seien Sie aufmerksam und vermeiden Sie diese Klischees, die ein bestimmtes Bild im Kopf erzeugen.

Wenn wir Wörter verwenden, die andere Menschen diskriminieren, können wir diese doch getrost ganz aus unserem Wortschatz streichen, oder? Das „Zigeunerschnitzel“ ist nur ein Beispiel dafür.

Der Bürgersteig könnte auch einfach Gehweg heißen, dann wären wir den männlichen Bürger los, der nur allein dort zu laufen scheint. In diese Kategorie zählen wir auch Wörter wie dämlich und herrlich. Sie ver-herr-lichen (!) ein Geschlecht, während sie ein anderes herabsetzen. Auch solche Wörter lassen sich leicht vermeiden.

Links und Buchtipps zum Gendern

Unsere Gendern-Tipps beinhalten auch Links und Bücher. Wenn Sie etwa nach konkreten Formulierungen suchen, empfehlen wir Ihnen die Wörterbücher auf folgenden Internetseiten:

Inzwischen sind einige Bücher im Duden-Verlag zu einer gerechten Sprache erschienen. Was wir empfehlen, hängt davon ab, was Sie gerade benötigen. Gute Gendern-Tipps erhalten sie alle:

Wenn Sie wenig Zeit haben und einfach gendern wollen:
„Gendern – ganz einfach!“ von Gabriele Diewald und Anja Steinhauer. Dudenverlag: Berlin, 2019.

Wenn Sie mehr Zeit haben und das Thema vertieft angehen möchten:
„Richtig gendern. Wie Sie angemessen und verständlich schreiben“ von Gabriele Diewald und Anja Steinhauer. Dudenverlag: Berlin, 2017.

Wenn Sie sich zudem für Sprachwissenschaftliches und die Hintergründe interessieren:
„Handbuch geschlechtergerechte Sprache. Wie Sie angemessen und verständlich gendern“ von Gabriele Diewald und Anja Steinhauer. Dudenverlag: Berlin, 2020.

Wenn Sie sich dem Thema mit mehr Leichtigkeit nähern möchten:
„Genderleicht. Wie Sprache für alle gelingt“ von Christine Olderdissen. Dudenverlag: Berlin, 2021.

Benötigen Sie Hilfe beim Gendern?

Wir bieten Workshops online oder vor Ort zum Gendern an und schneiden diese auf Ihre Bedürfnisse zu. Gemeinsam mit Ihnen erstellen wir eine Guideline zum Gendern oder schulen Ihre Mitarbeitenden – abhängig davon, was Sie benötigen. Melden Sie sich einfach bei uns, wir teilen gern unsere Gendern-Tipps mit Ihnen und unterstützen Sie.